Aktuelles
03. Februar 2023
HFK Update: EU-Notfallverordnung soll Genehmigungsverfahren für Windkraft- und Solar-Anlagen beschleunigen/ Bundeskabinett bereitet Weg für den vereinfachten Ausbau von Windanlagen
Am 30. Dezember 2022 trat die EU-Notfallverordnung EU 2022/2577 (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32022R2577) in Kraft, die das Verfahren zur Genehmigungserteilung für die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Energiequellen beschleunigen soll. Diese gilt für einen Zeitraum von 18 Monaten bis zum 30. Juni 2024 und kann auf Vorschlag der Kommission anschließend verlängert werden.
Ziel der Verordnung ist es, die Auswirkungen der aktuellen Energiekriese und die Belastung der europäischen Verbraucher und Unternehmen zu mindern sowie den europäischen Energiemarkt gegen das Vorgehen Russlands im Hinblick auf die Energieversorgung zu schützen, indem kurzfristige Lösungen in Bezug auf den Energienotstand geschaffen werden.
Verfahren zur Genehmigungserteilung für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien sollen gestrafft und beschleunigt werden, ohne dass es aufwendiger Änderungen der nationalen Verfahren und Rechtssysteme bedarf.
So dürfen die Genehmigungsverfahren für Solaranlagen laut Verordnung nicht länger als drei Monate dauern. Bei Solarenergieanlagen mit einer Kapazität von weniger als 50 kW gilt die stillschweigende Zustimmung der Verwaltung bereits nach einem Monat ohne Antwort als erteilt.
Das Verfahren zur Genehmigungserteilung für Repowering-Projekte darf nun einschließlich etwaiger Umweltverträglichkeitsprüfungen nicht länger dauern als sechs Monate.
Ferner besteht die widerlegbare Vermutung, dass Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien von überwiegendem öffentlichen Interesse sind und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit im Sinne der einschlägigen Rechtsvorschriften im Bereich Umwelt dienen.
Zur Umsetzung dieser Verordnung haben die Minister der Ampelkoalition am 30.01.2023 den Entwurf einer Formulierungshilfe (www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/kabinett-beschliesst-beschleuniger-fur-wind-und-netzausbau-formulierungshilfe.pdf?__blob=publicationFile&v=8) beschlossen.
Der Entwurf sieht Änderungen sowohl im Windenergieflächenbedarfsgesetz und Windenergie-auf-See-Gesetz als auch im Energiewirtschaftsgesetz vor.
Durch die Änderungen soll die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und der artenschutzrechtlichen Prüfung für Anlagen entfallen, wenn für das ausgewiesene EE- und Netzgebiet bereits eine „strategische Umweltprüfung“ vorgenommen wurde. Dies bedeutet also eine vereinfachte und vor allem zügigere Durchführung der Genehmigungsverfahren.
In den Anwendungsbereich der Verordnung fallen alle Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen an Land, Windenergieanlagen auf See und Stromnetze ab einer Leistung von 110 kV, die vor dem 30. Juni 2024 begonnen werden. Auch bereits begonnene Genehmigungsverfahren sollen aber von den Erleichterungen profitieren.
Um den artenschutzrechtlichen Anforderungen dennoch weiterhin gerecht zu werden und den Artenschutz „materiell zu wahren“, müssen Bertreiber angemessene und verhältnismäßige Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen vornehmen, die von der zuständigen Behörde sichergestellt werden sollen. Sind solche Maßnahmen nicht möglich, so haben die Betreiber einen finanziellen Ausgleich in ein Artenhilfsprogramm zu leisten.
Der Entwurf soll nun dem Bundestag zugeleitet werden, sodass die Änderungen rasch verabschiedet werden und in Kraft treten können.
Ihre Ansprechpartner:
RA Wulf Clausen, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, HFK Hamburg, clausen@hfk.de
RA Stefan Söchtig, HFK Hamburg, soechtig@hfk.de
RA Dr. Thorsten Behle, HFK Hamburg, Umweltberater (WBSU), behle@hfk.de